Von Auftraggebern die glauben, erbrachte Leistungen nicht zahlen zu müssen

Es war einmal ein Texter, der seine Dienste im Internet anbot. Dieser Texter erstellte die verschiedensten Arten von Texten, darunter auch Artikelverzeichnistexte, die für die Suchmaschinenoptimierung verwendet werden. Im Zuge seines Angebots erstellte er nicht nur die Texte, er stellte diese Texte auch in Artikelverzeichnisse ein. Was er allerdings nicht anbot, denn dazu fehlte ihm einfach das Knowhow, war Keywordrecherche und andere Dinge, die in den Bereich SEO fielen.

Nun hatte dieser Texter einen Auftraggeber, der ihm eine laaaange Keywordliste lieferte. In jeder Zeile befand sich ein Keyword, das er verlinkt haben wollte. Der Texter sollte also die Texte erstellen, die Keywords verlinken und in die Verzeichnisse einstellen. Es wurde im Vorfeld eine bestimmte Anzahl pro Monat vereinbart. Am Ende des Monats wurde dann eine Rechnung über die Anzahl der erstellten Texte geschrieben, die der Auftraggeber bezahlen sollte, was er auch tat. Bis zum Mai 2012.

Denn dann kam Google und der Pinguin und strafte die Seite des Auftraggebers ab. Dass es ein entsprechendes Update gab, das bekam auch der Texter mit, als er vom Auftraggeber eine neue Keywordliste zugeschickt bekam, in der plötzlich die einzelnen Keywords durch ganze Sätze ersetzt wurden. Eine Maßnahme, um dem Pinguin entgegenzuwirken, wie sich der AG ausdrückte. Der Auftrag ging also weiter. Das glaubte zumindest der Texter.

Der AG dagegen machte eine Kehrtwende und wollte nun gar keine Texte mehr haben. Er wollte sogar, dass die bereits bestehenden Artikel inklusive der Links gelöscht werden, um so den Pinguin wieder milde zu stimmen. Dabei vergaß er allerdings das Wichtigste: dem Texter Bescheid zu geben. Dieser – nicht ahnend, dass er eigentlich die Arbeiten einstellen sollte – textete munter weiter und tat dies noch zwei Monate lang, ehe er die Arbeiten einstellte, weil auf einmal keine Rechnungen mehr bezahlt wurden. Auch ließ der Auftraggeber nichts mehr von sich hören. Ergo folgten auf Zahlungserinnerungen Mahnungen, dann das gerichtliche Mahnverfahren und schließlich reichte der Texter Klage ein.

Natürlich sammelte er alle Unterlagen, die er hatte, und gab sie seinem Anwalt weiter. Daraus ging hervor, dass der AG die Texte bestellt, die Keywords selbst geliefert und nach dem Pinguin-Update die Liste selbstständig geändert hatte. Doch dann glaubte der Auftraggeber besonders schlau zu sein und dem Texter ans Bein pinkeln zu können, indem er folgende Behauptungen aufstellte:

  • Er habe angeblich mit dem Texter telefoniert und den Auftrag storniert – obwohl er fast zeitgleich die korrigierte Liste zugeschickt hatte.
  • Er habe den Texter ausdrücklich als Suchmaschinenoptimierer beauftragt – obwohl er diese Arbeit überhaupt nicht anbot und dies weder auf der Homepage, noch im Mailverkehr oder in Rechnungen belegt wurde.
  • Er beschuldigte den Texter, die Seite überoptimiert zu haben, vergaß allerdings, dass der Texter für eine Optimierung ja gar keinen Auftrag hatte.

Es folgten noch zahlreiche andere abenteuerliche Geschichten, die der Auftraggeber dem Gericht auftischte. Vielleicht glaubte der Auftraggeber, dass der Texter so naiv sei und klein beigeben würde – was dieser aber nicht tat. Auch auf einen angebotenen Vergleich ließ er sich nicht ein. Gut so, denn auch die Richterin sah es als erwiesen an, dass hier keine Suchmaschinenoptimierung, sondern eine Textbeauftragung durchgeführt wurde. Die Leistung wurde erbracht, die Arbeit müsse bezahlt werden. Danke, AG Bielefeld! Es gibt doch noch Gerechtigkeit in unserem Land!

Nachtrag vom 04.09.2013: Die Gegenseite hat Berufung eingelegt – natürlich auf den letzten Drücker … Na ich bin gespannt. Das entwickelt sich langsam zu einer Farce. Seit Juli 2012 dauert das nun. Mal sehen, wer den längeren Atem hat. Dass Leute einfach nicht zu ihren Fehlern stehen können …

Nachtrag vom 15.08.2014: Rund ein Jahr nachdem die Gegenseite Berufung eingelegt hatte, hat das AG Bielefeld nun entschieden: Die Berufung wird zurückgewiesen, die Beklagte hat die Forderung und die Kosten zu tragen. Das Urteil ist rechtskräftig.