„Nörgel“, „Nöl“ und „Mimimi“

Ja verdammt noch eins, sind wir denn nur noch ein Volk aus Jammerlappen? Oder reduziert sich das Rumgenöle auf die Texterbranche? Zumindest scheint es sich darauf zu konzentrieren, wenn man sich ansieht, was so tagaus, tagein in diversen Textergruppen auf Facebook abgeht. Ob das nur dort so ist oder auch woanders, das weiß ich nicht, mir genügt das Gejammere auf den „blauen Seiten“ vollends.

Unsere täglich sinnbefreite Diskussion gib uns heute

Der Grundtenor der Jammerorgie ist eigentlich immer derselbe: „Texter sind unterbezahlt!“ Am besten noch mit 20 Ausrufezeichen dahinter. Deswegen wird die Aussage aber auch nicht richtiger … Gut, falsch mag sie auch nicht sein, wobei ich der Meinung bin, dass man sie so verallgemeinert eben gar nicht stellen darf. In abgewandelter Form sind es dabei immer wieder dieselben Fragen, wie etwa:

  • Wie kann man nur für x Cent schreiben? (Das x kann dabei durch eine beliebige Zahl ersetzt werden, es werden sich wohl immer Nörgler finden. Egal, ob da 1 oder 100 steht.)
  • Was erdreistet sich ein Auftraggeber, einen Auftrag für x Cent hier einzustellen? (Auch hier ist der x-Wert, analog zur ersten Frage, austauschbar.)
  • Wie viel ist der Text wert? (Gerne werden hier schon mal Texte für die Allgemeinheit zum Abschuss freigegeben.)

Dies sind drei der wohl am häufigsten gestellten Fragen. Die daraus resultierenden Diskussionen, die oftmals über mehrere Tage gehen und nicht selten unter der Gürtellinie stattfinden, (weil die „Ich-hab-immer-recht-und-deine-Meinung-zählt-für-mich-eh-nicht“-Mentalität auch hier immer mehr um sich greift), ähneln sich dabei wie ein Ei dem anderen. Einen Sinn dahinter kann ich beim besten Willen nicht erkennen.

Jeder hat andere Vorzeichen

Was bei solchen Diskussionen gerne mal vergessen wird ist, dass man diese eigentlich gar nicht verallgemeinern kann. Warum? Weil jeder unter anderen Vorzeichen arbeitet und auch lebt. Der eine macht den Job Vollzeit, der andere nur nebenbei. Der eine ist verheiratet und kann auf ein zweites Einkommen zurückgreifen, der andere ist Single. Der eine will 12 Stunden am Tag arbeiten, der andere nur 4. Der eine wohnt in München, der andere in Zittau. Es gibt also sehr viele unterschiedliche Argumente für diese Diskussion.

Somit kann auch die Frage, ob ein Wortpreis von 2 Cent das Überleben sichert, nicht beantwortet werden. Ich weiß, dass er mir nicht reichen würde. Also muss ich etwas dafür tun, dass ich einen Wortpreis erziele, mit dem ich als freiberuflicher Texter, der diese Form der Beschäftigung auch freiwillig gewählt hat, über die Runden komme. Und wie erziele ich den? Ganz sicher nicht damit, dass ich permanent herumnörgele, dass Texter ausgebeutet werden. Das mag es durchaus geben, aber nur dann, wenn man sich auch ausbeuten lässt.

Wie viel bin ich wert?

Gute Frage, einfache Antwort: So viel, wie ein Kunde für einen Text zahlt. Den Wortpreis bestimmt zwar der Texter, wenn der Kunde aber sagt, es ist ihm zu teuer, dann muss entweder darüber gesprochen werden oder man lehnt den Kunden ab. Wer seinen Preis verteidigt, braucht dazu auch gute Argumente und sollte plausible Begründungen parat haben. Der Satz: „Ich muss ja auch von etwas leben“ privilegiert einen Text noch lange nicht dazu, 5 Cent teurer zu sein.

Sollte es dagegen so sein, dass man permanent unter den Preisen bleibt, die man sich selbst gesetzt hat, dann sind dafür wohl zwei Möglichkeiten verantwortlich, die es in der Folge zu hinterfragen gibt:

  1. Ich verkaufe mich unter Wert, da mir womöglich das Knowhow fehlt.
  2. Meine Texte sind die Preise tatsächlich nicht wert.

Ha, und schon geht es los! Schon eröffnet irgendwo im Internet jemand einen Thread, in dem wieder ganz laut „Mimimi“ gerufen wird. Ach ja, die armen Texter …